Fake-Bewertungen im Internet erkennen

Fachbeitrag
Philipp Rodewald
Philipp Rodewald
Philipp Rodewald beschäftigt sich mit der zielgerichteten Auswertung von Bewertungen für Consumer Insights.

Bewertungen für Produkte im Internet können ausschlaggebend sein, ob ein Kunde sich für einen Kauf entscheidet, denn er kann das Produkt online nicht ausprobieren, anfassen oder anziehen. Diese Bedeutsamkeit von Bewertungen öffnet die Türen für Fake-Bewertungen. Nur woran lassen sich solche erkennen?

Gründe für Fake-Bewertungen

Nutzergenerierte Online-Bewertungen sind zu heute sehr bedeutend. Das Marketing eines Unternehmens bezüglich eines Produkts auf der eigenen Webseite, in den sozialen Medien oder anderswo kann noch so gut sein – wenn die durchschnittlichen Bewertungen der Kunden ein anderes Bild ausstrahlen, kann das vom Kauf abschrecken.

Studien haben ergeben, dass Kunden Online-Bewertungen sogar mehr vertrauen als persönlichen Empfehlungen von Freunden. Fast 36% der Befragten legen den höchsten Wert auf Bewertungen von fremden Menschen.

Diese hohe Wichtigkeit verleitet manche Unternehmen dazu, Zeit und Geld zu investieren, um insgesamt durchschnittliche Bewertungen zu verbessern oder sehr schlechte Rezensionen mit positiven Darstellungen des Produkts zu überfluten. Laut einer Analyse von Fakespot aus dem Jahr 2020 sind die Hälfte aller Rezensionen auf Amazon nicht echt.

Nicht alle Unternehmen bedienen sich gefälschten oder manipulierten Bewertungen. Die schwarzen Schafe sind vor allem auf Plattformen wie Amazon zahlreich vorhanden, wo es Unmengen an No-Name-Produkten gibt, die um die Aufmerksamkeit der Kunden buhlen.

Wer verfasst falsche Kundenbewertungen?

Es gibt unterschiedliche Wege für Unternehmen, das Feedback für ihre Produkte zu verbessern. Anfänglich schrieben viele ihre Rezensionen noch selbst, beziehungsweise ließen sie intern verfassen, was dazu führte, dass diese schnell als offensichtliche Fälschungen erkennbar waren.

Inzwischen haben sich Agenturen dafür entwickelt. Ähnlich wie in den sozialen Medien, wo sich Follower kaufen lassen, können Unternehmen positive Bewertungen kaufen. Diese Agenturen verfügen über ein Netz von Fake-Profilen, die Kundenrezensionen verfassen, die so professionell aussehen, dass echte Kunden oder Plattformen sie kaum noch als Fälschungen erkennen können.

Online-Händler wie Amazon oder eBay rüsten technisch auf, um falsche Bewertungen zu erkennen und löschen zu lassen. Betrüger nutzen hingegen professionelle Wege, damit Fake-Bewertungen echt aussehen: Sie bieten potenziellen Kunden in Chats an, ihre Produkte gegen Bezahlung zu kaufen. Zum Beispiel schicken Verkäufer einen Link zum Produkt auf Amazon. Der Kunde kauft es dort und erhält anschließend sein Geld per PayPal zurück oder noch einen Bonus zusätzlich.

Eine weitere beliebtere Methode sind kostenlose Produktproben. Ein Unternehmen schickt Interessierten das Produkt kostenlos zur Probe; im Gegenzug soll der Kunde seinen Eindruck und seine Erfahrung per Feedbackbogen und Online-Bewertung teilen. Hierbei handelt es sich nicht um gefälschte Bewertungen, sondern vielmehr wird hier auf einen psychologischen Effekt gesetzt: wer ein Produkt kostenlos erhält, neigt eher dazu, eine positive Rezension zu hinterlassen.

So lassen sich Fake-Bewertungen erkennen

Es gibt häufige Anzeichen, die auf gefälschte Kundenrezensionen schließen lassen. Ein erstes Anzeichen können sehr lange und detaillierte Beschreibungen sein. Wer mit einem Produkt zufrieden ist, wird in den seltensten Fällen im kleinsten Detail und überschwänglich die Gründe dafür erläutern. Vielmehr wird die Bewertung eines Kunden bei einer positiven Erfahrung eher kurz und knapp ausfallen.

In vielen Online-Shops werden tatsächlich stattgefundene Käufe oft als „verifizierter Kauf“ gekennzeichnet. Das schenkt den Kunden mehr Sicherheit, dass die Rezension nicht gefälscht ist, da der Kunde bereit war, dafür Geld auszugeben; vor allem bei Produkten mit hohem Kaufpreis kann das hilfreich sein.

Ein weiteres Indiz kann sein, wenn es innerhalb der Bewertung Links oder Verweise auf ähnliche Produkte desselben Herstellers gibt. Wenn zum Beispiel der Verfasser eines Staubsauerroboters über mehrere Zeilen erläutert. welche Vorteile das neuste Model gegenüber den Vorgängern hat, macht das eine Rezension verdächtig.

Der Zeitpunkt, an dem ein Verfasser die Bewertung online gestellt hat, kann ebenfalls Hinweise liefern. Wer als Beispiel bereits wenige Stunden nach Erscheinen eines Videospiels einen ausführlichen Erfahrungsbericht verfasst, kann dies unter normalen Umständen nicht durchgespielt haben.

Viele Online-Händler bieten die Möglichkeit, auf das Profil eines Verfassers zu klicken. Dort ist ersichtlich, was der Kunde in den letzten Monaten noch bestellt hat. Wenn er oder sie in einem Jahr zehn Smartphones bestellt und diese alle bewertet hat, handelt es sich wahrscheinlich um das Fake-Profil einer Agentur.

Wichtig ist es, sich bei Bewertungen nicht allein auf ein Portal allein zu verlassen. Ein Vergleich mit anderen Händlerplattformen kann helfen, Produktbewertungen zu vergleichen und sich ein Gesamtbild zu verschaffen. Wenn der Fernseher bei Amazon vier von fünf Sternen erhält, im Saturn Online-Shop hingegen nur einen von fünf, ist die Bewertung bei einem Portal nicht vertrauenswürdig (auch wenn der Kunde in diesem Fall zusätzlich die Anzahl an Rezensionen als Vergleichsindikator nutzen muss).

Fazit

Der hohe Stellenwert von Online-Bewertungen führt dazu, dass der Druck für Unternehmen groß wird, in der Flut von Konkurrenzprodukten in den Bewertungssystemen der Online-Händler gut abzuschneiden. Manche nutzen kostenlose Produktproben oder lassen sich von Agenturen helfen. Wer auf gewisse Anzeichen achtet, kann viele Fake-Bewertungen erkennen.

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